Terrorismus in den USA
Was am 11.09. über den Bildschirm ging, stellt eine neue Dimension der Globalisierung dar. War vor wenigen Wochen in Genua noch Diskussion möglich, weil verschiedene Meinungen denkbar waren, gebieten die heutigen Bilder vom brennenden und kollabierenden World Trade Center, vom Pentagon, von panischen Menschenmengen und sinnlos flickernden Börsenlaufbändern nur noch Schweigen. Die heutigen Ereignisse in New York stellen nicht nur eine neue Dimension des internationalen Terrorismus dar, sie markieren scheinbar den Endpunkt jeder wie auch immer gearteten sachlichen Auseinandersetzung, so diese denn vorn irgendeiner Seite gewollt war.
Die heutigen Ereignisse werden die Mediengesellschaft noch einmal glühen lassen, alle Kanäle werden jedes Detail berichten müssen, alle Politiker werden sich beeilen, Betroffenheit zu signalisieren und Unterstützung zu geloben, stündlich werden die Opferzahlen übertroffen werden, Stimmen werden eingefangen, Lösungen gesucht und getextet und bebildert wird werden, als gäbe es kein morgen. Allen gemeinsam wird sein, dass wenig zum Verständnis beitragen wird.
Ich erinnere mich daran, wie ein Freund mich nach der letzten Anschlagserie auf amerikanische Botschaftsgebäude beiseite nahm und mich - als ob ich das nicht auch wüßte - beschwichtigte, dass man doch nicht den Islam verantwortlich machen könne und dass doch fast alle Moslems friedlich seien. Im Moment stoßen mir die Worte auf, als würde ich mich als Faschist bezeichnen, der aber nur für den Autobahnbau verantwortlich sein will, die KZs, das waren irgendwie andere Faschisten.
Wer vollbesetzte Passagierflugzeuge in vollbesetzte Bürogebäude steuert, ist ein Tier. Und zwar unabhängig davon, ob er in seinem Leben Schweinefleisch gefressen hat, oder nicht.
Was das schlimmste ist: Es gibt keinen Schutz gegen diese Art von Gewalt. Wer immer sich in Amerika auf einer sicheren Insel wähnte, geduckt unter das High-Tech Schutzschild des interstellaren Raketenabwehrsystems, hat spätestens am 11. September erkannt, dass Globalisierung nicht nur heißt, Coca Cola in der ganzen Welt verkaufen zu können sondern auch, dass die Welt keinen Halt macht vor den Toren Amerikas. Und sie bedient sich dabei der Bilder Hollywoods. Alles Gerede von "Vergeltung" und "Täter" darf nicht vergessen machen, dass, wenn man dem Drachen seinen Kopf abschlägt, an dieser Stelle 7 neue nachwachsen.
Terrorismus zu bekämpfen kann nur heißen, die Wurzeln trockenzulegen, die Terrorismus möglich machen. Die Menschen im Nahen Osten brauchen akzeptable wirtschaftliche Existenzbedingungen, die seit jeher die alleinige Ursache von Radikalismus sind. Sie müssen in den Prozess der Globalisierung integriert werden und zwar unabhängig von religiöser Gesinnung, Hautfarbe und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Die westliche Welt ist also aufgerufen, das Versprechen einzulösen, das voreilige Werbefuzzis dem Internet untergeschoben haben: eine weltweite Gemeinschaft von miteinander kommunizierenden Individuen aufrecht zu erhalten.
Unabhängig davon, was der zutiefst unfähige Cowboy Bush für Maßnahmen verkündet, kann Zivilisation nur heißen, die Existenzbedingungen von Radikalismus auszutrocknen. Diese basieren immer auf Armut, Unwissenheit und Ausweglosigkeit, auf deren Boden selbsternannte Führer Religionen für ihre Zwecke instrumentalisieren können.
Zumindest wir Deutschen sollten ja mittlerweile wissen, wie das funktioniert. Leider wissen wir immer noch nicht, wie man das abstellt.
Kai Tippmann