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Literaturtipps & Rezensionen

Ferdinand Neumüller, Bertram Karl Steiner: Venexia. Eine Hörigkeit

"Übrigens: Vorsicht, Touristen! Jene unter ihnen, die, ihren nackten Schmärbauch heraushängen lassend über die Piazza stampfen, mögen gewarnt sein. Dergleichen rächt sich. Früher oder später, aber es rächt sich. Die ekelhaften Barbaren mögen sich auf die Rechnung für ihr elendigliches Menú turistico innerlich vorbereiten."

Solcherart nehmen Steiner und Neumüller ihre Geliebte in Schutz. Entstanden ist dabei ein durchaus nicht einfaches Buch, eine assoziative Verknüpfung von Dialogen, Zitaten, theatralischen Fragmenten, schwülstigen, feuchten Träumen, einsamen Monologen und lyrischen Passagen mit Neumüllers oft beklemmenden fotografischen Traumsequenzen. Das stolpernde Sammelsurium nähert sich der Angebeteten auf die angemessene Weise: in bruchstückhaften Erinnerungen, verschämten Augenblicken, immer bereit für einen Schritt zur Seite oder zurück. Dies ist durchaus geboten, präsentiert sich die Serenissima eben nicht opulent und sonnendurchflutet und frontal, sondern - natürlich - maskiert.

Ein Fußballbuch macht noch lange keinen Schalke-Fan. Vater muß einen als Buben ins Stadion mitnehmen, und dann muß einen der Virus infizieren aus kaltem Zigarettenrauch, Bierbechern, gegrölten Witzen, euphorischer Begeisterung und echtem Masochismus, der nie in Haß umschlägt. Solches kann man dem Uneingeweihten nicht erklären, niemals, man kann aber verdammt nah heranreichen - insofern ist der vorliegende Band eine Art "Fever Pitch" mit anderen Mitteln.

"Die Launen einer Diva sind ihrer Verehrer Gesetz. Wer Venexia in die Hände fällt, der ist ihr in die Hände gefallen. Auf Gnad' und Ungnad'."

Natürlich kann man dem Buch nicht folgen, erzählt wird eine ganz persönliche Leidenschaft und - wahrhaft - Hörigkeit, die sich an dem Sonettenkranz "Venexia", einer Personifizierung der Lagunenstadt, entlanghangelt. Und wie es sich für eine ordentliche Liebe gehört, läßt sie sich weder erklären noch herleiten, sondern kann im besten aller Fälle heraufbeschworen werden anhand von Erinnerungen, Begegnungen, Bildern, Düften und Klängen. Autor und Fotograf bemühen sich, das lyrische Spiegelkabinett aus Metaphern möglichst wild in Szene zu setzen. Detailtreue hilft da nicht weiter: Wenn man sich auf die verschwommenen Augenblicke in Neumüllers Fotografien fokussiert, merkt man, dass sie verschwommen sind. Die Erotik der Stadt steckt im Detail, in der Episode der Unverborgenheit, die Ausleuchtung des Augenblicks läßt sie verschwinden. Wie Sterne, die im Augenwinkel sichtbar, verschwinden, wenn man sie ins Visier nimmt. Besser kann man das nicht machen.

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