Literaturtipps & Rezensionen

Leben, Tod, Heimat, Erotik, Sehnsucht sind Themen, die Orelli in seinen Gedichten zur Sprache bringt - poetisch, sinnlich, mit feiner Ironie und mit einer Vorliebe für Einsprengsel aus anderen Sprachen. Oft in traditioneller Form geschrieben, wird die überlieferte Struktur spielerisch aufgelöst, und Orelli findet eine Möglichkeit, dem Chaos der Welt die flüchtige Ordnung der Kunst entgegenzusetzen. Manchmal bezeichnet sich der Dichter als Clown oder Harlekin, der in der sinnlosen Komödie des Lebens auftritt, häufig legt er sich aber auch mit seinem eigenen Tod an. Durch die zweisprachige Ausgabe lernen wir auf Deutsch zum ersten Mal den Lyriker Giovanni Orelli kennen. Die Sonette und Gedichte sind eine Auswahl aus seinen bisher drei Lyrikbänden. Dazu kommen aber auch unveröffentlichte Gedichte.


Pusterlas Gedichte sind voll von urweltlichen Gebirgslandschaften, wo der Stein als Bergmassiv, Felsbrocken, Geröll, Schotter und Kies die Szene beherrscht: Alles verwittert und zertrümmert durch Regen, Schnee, Wasser und Wind, ein Anblick ewiger Zerstörung und Einsamkeit. Analoge Düsternis liegt über der von den Menschen verwüsteten Landschaft: den Asphaltlabyrinthen der Autobahnen, der Wirrnis der Parabolantennen, der Zement-Öde der neuen Siedlungen, wo manchmal Schreckensvisionen aus einer unbewältigten Vergangenheit auftauchen. In Pusterlas Gedichten verschwindet das Sichtbare unversehens im Leeren, das Hörbare im Schweigen, das Fühlbare in der Kälte. (www.nzz.ch)